Mittel- oder Kurzwelle?

Mit welchem Frequenz- oder Wellenbereich steigen wir zweckmäßigerweise in die Radioversuche ein? Eigentlich gehört ja auch noch die Langwelle dazu, aber aus praktischen Erwägungen kommt sie kaum in Frage. Die Spulen erfordern sehr viel Windungen, dazu noch aus HF-Litze, und auch die Antenne muss schon einiges hergeben. Bleiben also Mittelwelle und Kurzwelle.

Pro Kurzwelle

Noch vor gar nicht langer Zeit war für mich der Fall klar: Die ersten Versuche werden selbstverständlich im Mittelwellenbereich gemacht. Inzwischen bin ich da nicht mehr so sicher, vor allem nach der Lektüre der Veröffentlichungen von B. Kainka. Kainka ist ein strikter Befürworter der Kurzwelle, und die Argumente, die er vorbringt, sind durchaus plausibel. Kurzwelle ist in mancherlei Beziehung bequemer als die Mittelwelle. Die Spulen lassen sich mit einem Bruchteil des Aufwandes herstellen, den Mittelwellenspulen erfordern; außerdem sind sie verhältnismäßig klein und können direkt auf einer Steckplatine angebracht werden. - Ein weiteres Argument ist die Antenne. In fast allen Fällen reichen für KW-Empfang wenige Meter Draht, irgendwie im Zimmer ausgelegt. Mittelwelle ist da wesentlich anspruchsvoller.

Was ich nicht ganz nachvollziehen kann, ist Kainkas Begründung, die Mittelwelle werde über kurz oder lang obsolet werden. Das mag ja sein, aber noch ist es nicht so weit, und warum soll man nicht etwas nutzen, das noch vorhanden ist? Ich denke, diese Diskussion können wir getrost in der Zukunft wieder aufnehmen, falls erforderlich.

Pro Mittelwelle

Andererseits sprechen mehrere Gründe für den Einstieg in Mittelwelle. Die Leitungsführungen sind hier nicht so kritisch, und Handkapazitäten machen sich nicht so stark bemerkbar. Mit anderen Worten: Die Versuchsaufbauten sind robuster.

Ferner geht es im Mittelwellenbereich bei der Sendersuche nicht so feinfühlig zu. Es gibt weniger Sender, und die sind meistens leichter identifizierbar. Vor allem der ansonsten so viel geschmähte Ortssender ist der ruhende Pol und erlaubt auch tagsüber einen zuverlässigen Empfang und das beruhigende Wiedererkennen des Senders.

Sicher, im Kurzwellenbereich gibt es ebenfalls so etwas wie einen Ortssender, und zwar die Deutsche Welle im 49-m-Band (um 6 MHz). Im Vergleich zu anderen Sendern ist dieser recht zuverlässig zu empfangen, aber auch er ist vom Fading betroffen, das heißt, er kann auf einmal sehr leise werden oder vorübergehend verschwinden. Diese Schwunderscheinungen sind kennzeichnend für den gesamten Empfang auf Kurzwelle, allerdings zum Teil auch für den nächtlichen Empfang auf Mittelwelle.

Facit

Auf die Frage, ob Mittel- oder Kurzwelle, gibt es keine objektiv eindeutige Antwort; beide Wellenbereiche haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Die Kurzwelle bringt den schnellen, aber unzuverlässigen Erfolg, während die Mittelwelle besser geeignet ist, die Auswirkungen einzelner Schaltungsmaßnahmen zu beobachten. Dieser Aspekt ist allerdings sehr wichtig und kommt der Intention der Beitragsreihe entgegen. Aus diesem Grunde habe ich mich entschlossen, der Mittelwelle den Vorzug zu geben, vorerst jedenfalls.

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