Interna des Elektronik-Rechners

Es geht an dieser Stelle natürlich nicht um die Art der Programmierung, die ist eher trivial. Ich möchte vielmehr kurz auf die Berechnungsmethoden eingehen, und dabei vornehmlich auf die Berechnung der Zylinderspule.

Berechnung von Spulen

Während sich z.B. die Zusammenhänge im Schwingkreis mathematisch genau erfassen lassen, ist die Berechnung einer Zylinderspule eine etwas unsichere Angegenheit. Es gibt nämlich keine exakte Formel, sondern allenfalls Näherungsformeln. Die grundsätzlichen Beziehungen kommen in der allgemeinen Spulenformel zum Ausdruck:

Das Problem steckt in dem Formfaktor K. Nur unter bestimmten Umständen, z.B. bei Verwendung eines Topfkerns, lässt sich der Formfaktor, unabhängig von der Windungszahl, einigermaßen konstant halten. Bei einlagig gewickelten Zylinderspulen hängt der Formfaktor sowohl vom Durchmesser als auch von der Spulenlänge ab, genauer vom Verhältnis des Durchmessers zur Spulenlänge. Entscheidend ist dabei, dass sich diese Abhängigkeit nicht mathematisch exakt erfassen lässt.

Im einfachsten Fall geht man hin und setzt für K eine Konstante ein, mit der Folge, dass die Formel nur für einen sehr begrenzten Bereich d/l gilt und auch hier mit einem relativ großen Fehler behaftet ist. So fand ich in einem veröffentlichten Visual-Basic-Programm einen Algorithmus, der auf folgender Beziehung basiert:

Die Formel ist bestechend einfach; der Formfaktor K kürzt sogar die Pi-Konstante weg. Die Genauigkeit ist aber nicht sonderlich überzeugend. Einen genaueren Ansatz fand ich im Spulenbuch von Hans Sutaner. Dort wird ein Nomogramm angeboten, aus welchem der Formfaktor bei gegebenem Verhältnis d/l abgelesen werden kann:

Da das Nomogramm offensichtlich auf empirischen Messwerten beruht, kann von einer großen Genauigkeit ausgegangen werden. Allerdings ist das Verfahren alles andere als handlich. Deshalb hat es Ansätze gegeben, die Kurve durch einen algebraischen Term nachzubilden, also quasi eine Gleichung zu finden, die den Kurvenverlauf modelliert. In der elektronischen Formelsammlung von Georg Rose fand ich folgende Formel:

Isolieren wir K aus dieser Formel, so erhalten wir:

Im vorliegenden Programm habe ich beide Verfahren umgesetzt, und zwar ganz einfach deshalb, weil ich eine Kontroll- und Vergleichsmöglichkeit haben wollte. Erwartungsgemäß weichen die Ergebnisse ein wenig voneinander ab, doch ist die Übereinstimmung immerhin so groß, dass man beide Verfahren als gute Näherungen betrachten kann. Zum Teil krasse Abweichungen gibt es jedoch zu den Resultaten der sogenannten "einfachen" Verfahren.

Die verbleibenden Abweichungen sind durchaus erklärbar. Beim Verfahren nach Sutaner muss linear interpoliert werden, denn das Nomogramm lässt sich nur in Form von Stützpunkten erfassen. Beim Verfahren nach Rose muss berücksichtigt werden, dass der mathematische Ausdruck den Kurvenverlauf ebenfalls nur näherungsweise beschreiben kann.

Genauigkeit in Theorie und Praxis

Im Zusammenhang mit den Berechnungsmethoden stellt sich noch eine ganz andere Frage: Wie weit sind die Ergebnisse überhaupt praktisch relevant? Eine einfache Überlegung soll die Problematik deutlich machen. Wir haben eine Kurzwellenspule berechnet und genau nach den Daten gewickelt. Theoretisch ist alles in Ordnung. Doch schauen wir uns den Versuchsaufbau an. Da sind rund 50 cm Draht zu einer Spule gedreht, und fast dieselbe Länge an Draht führt von der Spule weg zu den Anschlusspunkten in der Schaltung. Unwahrscheinlich, dass diese Drähte vernachlässigbar sind. Da kommen Induktivitäten und Kapazitäten ins Spiel, die umso stärker stören, je höher die Frequenz ist, mit der wir arbeiten.

So fragt sich, ob genaue Berechnungen überhaupt Sinn machen, oder ob es bei den Unwägbarkeiten eines Versuchsaufbaus nicht grundsätzlich besser ist, einfach auszuprobieren, was zum Ziel führt. Die Antwort ist: ja und nein.

Es hängt von der Erwartungshaltung ab. Wenn wir erwarten, dass die berechneten Ergebnisse zwangsläufig zum Erfolg führen, ist Enttäuschung vorprogrammiert. Nehmen wir als Beispiel die in der Anleitung beschriebene Bandspreizung für das 49-m-Band. Theoretisch ist die Sache klar, doch die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Sender dieses Rundfunkbandes bei mittlerer Einstellung des Drehkondensators vorfinden, ist eher gering. Es kann sogar sein, dass wir ganz daneben liegen, also nichts empfangen können.

Doch damit kommt der gegenteilige Aspekt ins Spiel. Es macht durchaus Sinn, mit sauber berechneten Spulen- und Drehkodaten zu arbeiten, denn die können wir als Fehlerquellen nun ausschließen. Wir können uns auf die Störfaktoren konzentrieren, die Antenne loser ankoppeln, den Versuchsaufbau günstiger anordnen, das Nutzsignal hochohmiger auskoppeln usw. Gerade weil hochfrequente Schaltungen eine Kette von unberechenbaren Elementen enthalten, sollten wenigstens die berechenbaren Dinge stimmen.

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