Anleitungsbücher, Lehrgang

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die meisten Anleitungsbücher von der Internetseite http://ee.old.no/library als PDF-Dateien heruntergeladen werden können. Aus diesem Grunde verzichte ich hier auf die Wiedergabe von Inhaltsverzeichnissen und beschränke mich auf einige Hinweise, die das Besondere der Philips-Anleitungsbücher herausstellen sollen.


Blättert man in den Anleitungsbüchern zu den älteren Experimentierkästen, dann stellt man fest, dass es gar nicht so sehr um die Vermittlung von Wissen ging, sondern primär um Versuche, die möglichst praxisnah die elektronische Wirklichkeit repräsentieren sollten. Ein Blick in die Gliederung des Buches zum Kasten EE20 macht diesen Ansatz deutlich.

Nach den obligatorischen Hinweisen zum Zusammenbau des Experimentiergerätes und zum Umgang mit den Bauteilen folgt im ersten Hauptteil eine Sammlung von Versuchen, die ausschließlich nach ihrem Anwendungsbezug geordnet sind:

A. Elektro-Akustik (5 Versuche)
B. Fernmeldewesen (4 Versuche)
C. Radio (3 Versuche)
D. Elektronische Signalanlagen (5 Versuche)
E. Elektronisches Messen und Kontrollieren (4 Versuche)

Es werden genaue Anleitungen zum Aufbau der Versuche gegeben, aber auf die Funktion der Schaltungen wird nicht eingegangen. Entsprechend sind an dieser Stelle auch keine Schaltbilder vorhanden. Eine Differenzierung nach Schwierigkeit oder Schaltungsumfang ist ebenso wenig festzustellen wie eine didaktische Struktur.

Wer sich für die theoretischen Hintergründe interessiert, muss im nächsten Abschnitt ("Technische Erläuterungen") nachschlagen. Hier werden die aufgeführten Anwendungsbereiche noch einmal aufgegriffen und in relativ kurzer Form theoretisch dargestellt. Einen Bezug zu den einzelnen Versuchen gibt es jedoch nicht, so dass die Funktionsweise der einzelnen Schaltungen weiterhin unerklärt bleibt. - Erst im dritten Hauptteil ("Beschreibung der Schaltungen") werden, mit sehr knappen Erklärungen versehen, die Schaltbilder vorgestellt. Bei der mir vorliegenden Auflage des Buches wurden noch amerikanische Schaltzeichen verwendet.

Die Prioritäten sind nicht zu übersehen: Zuerst einmal bauen und das Gerät zum Funktionieren bringen. Wer sich dann noch näher für die Sache interessiert, kann die technischen Erläuterungen lesen. Und für die Hartgesottenen gibt es schließlich am Schluss noch das Schaltbild.

Diese Art von Schichtung, insbesondere die Trennung von Versuch und Schaltungsbeschreibung, mutet aus heutiger Sicht eigenwillig an. Doch dahinter steckte ein durchaus nachvollziehbares Konzept. In den 60er Jahren hatte die didaktische Durchdringung der Elektronik bei weitem nicht den Stellenwert wie in der Folgezeit. Den Autoren der Philips-Kästen ging es vor allem darum, Elektronik erfahrbar zu machen und die Möglichkeiten der Elektronik praxisnah aufzuzeigen.

Es liegt auf der Hand, dass dieses Konzept nicht Bestand haben konnte. Ein Lernspielzeug, bei dem wesentliche Bestandteile des Lerninhaltes im Anhang stehen? So kam es dann folgerichtig zu einer Aufweichung des Konzepts. Die so genannten "technischen Erläuterungen" und auch die Schaltbilder rückten näher an die Versuche heran.

Dazu ein Blick in die Anleitungsbücher zur Kastenserie EE2003, die Mitte der 70er Jahre erschien.

Die Gliederung ist interessant und aufschlussreich. Es beginnt wieder mit den üblichen Hinweisen zum Experimentieren, aber dann folgt ein ausführlicher Hauptteil "Einführung in die Elektronik". Hierbei handelt es sich um einen systematischen Lehrgang, vom einfachen Stromkreis über die Halbleiter-Schaltungstechnik bis zum Wechselstromkreis mit Kondensator. Theorie pur, unterstützt durch Grundversuche, aber ohne Anwendungsbezug. Die zugehörigen Schaltbilder tauchen nun unmittelbar im Versuchskontext auf.

Das nächste Kapitel "Teilgebiete der Elektronik" wendet sich wieder den Anwendungsbereichen zu. Es sind dieselben wie oben aufgezählt, dopch geht es jetzt geht es nicht mehr ausschließlich um allgemeine "technische Erläuterungen", sonder es werden Grundschaltungen beschrieben, die im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich von Bedeutung sein könnten. So wird z.B. der RC-Phasenschieber der Fernmeldetechnik zugeordnet und und entsprechend in diesem Abschnitt behandelt.

Ja, und dann, im ausführlichsten Teil, findet Philips wieder zu sich selbst: Hier stehen die praxisbezogenen Anwendungsschaltungen. Die Überschrift dieses Kapitels lautet bezeichnenderweise "Geräte". Hier gibt es zu jedem Versuch die gewohnten Hinweise, ergänzt durch eine Aufbauskizze. Auch ein Schaltbild fehlt nicht, doch die Funktionsbeschreibung ist durch die Überschrift "Schaltungsbeschreibung für Fortgeschrittene" vom übrigen abgegrenzt.

Das Anleitungsbuch zu den Aufbaukästen EE2004/05/06 führt vor allem das Kapitel "Geräte" fort. Am Schluss findet man noch das kleinere Kapitel "Digitaltechnik", das von Anlage her dem Einführungskapitel ähnelt, also vorwiegend theoretisch ausgerichtet ist.

Dieses Prinzip, nämlich die Auswahl und Sortierung der Versuche nach Anwendungsbereichen vorzunehmen, wurde - zum Teil etwas modifiziert - bis zum Schluss verfolgt. Das hatte zweifellos den Vorteil, dass durchweg praxisnahe und interessante Schaltungen vorgestellt werden konnten. Man brauchte sich nicht einem systematischen Zwang zu unterwerfen und konnte alles weniger Interessante weglassen. Der Experimentierende durfte sich seine Versuche aussuchen, ohne sich an eine bestimmte Reihenfolge halten zu müssen. Die Nachbausicherheit war ja durch die Schablonen gewährleistet. Vielleicht ist das einer der Gründe für die große Beliebtheit, der sich die Philips-Kästen erfreuten.

Insgesamt kann man den Schaltungen bescheinigen, dass sie ausgereift und schnörkellos sind. Das macht sie funktions- und nachbausicher.

zurück

zu meinen Philips/Schuco Kästen